Systemische Beratung & Therapie

Was genau ist systemische Beratung bzw. Therapie?

Die systemische Therapie, auch als Familientherapie bekannt, wurde in den 1950er Jahren entwickelt. Wegbereiter waren verschiedene Schulen, besonders in Italien (Mailänder Modell, u. a. Luigi Boscolo, Mara Palazzoli, … unterstützt von Paul Watzlawick), den USA (Palo Alto, u. a. Virginia Satir und Steve de Shazer), später dann in Deutschland (Heidelberger Schule, u. a. Helm Stierlin, Gunthard Weber). Eine der bekanntesten Begründerinnen ist Virginia Satir, die in den 1950er Jahren als Sozialarbeiterin mit jungen psychisch kranken Frauen arbeitete. Sie stellte fest, dass unter Einbeziehung der Familien, aus denen die Frauen stammten, sich eine deutlich verbesserte Prognose erzielen lies und die Frauen, aber auch die Familien, davon sehr profitierten. Nahezu zeitgleich entwickelte diese Herangehensweise andernorts in der Arbeit mit psychisch auffälligen Kindern auch Nathan Ackerman. Aus diesen Strömungen heraus war die Familientherapie geboren. Sie wurde stetig weiterentwickelt, verfeinert, mit neuen Methoden erforscht und fand schließlich auch Eingang in unsere Gesetzgebung: unter § 27, Abs. 3 SGB VIII als AFT (aufsuchende Familientherapie), eine Leistung, die über das Jugendamt unter bestimmten Bedingungen beantragt werden kann. Leider ist eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse (noch) nicht möglich.
Im Laufe der Weiterentwicklung der Familientherapie stellte sich heraus, dass die Methoden und Möglichkeiten dieser Therapieformen auch gut nutzbar für Paare oder Einzelpersonen sind. Aus der klassischen Familientherapie entwickelte sich die systemische Therapie für Paare, Familien & Einzelne, also für alle.

Die besonderen Methoden

Neben verschiedenen Fragetechniken – dem zirkulären Fragen, den Skalierungsfragen, den Fragen zur Wirklichkeits- und zur Möglichkeitskonstruktion, lösungsorientierte Fragen – gibt es die Möglichkeit, mit einem Genogramm oder einer Aufstellung sich seiner Herausforderung oder seinen Fragen lösungsorientiert zu nähern. Entscheidungsfindungen können mit Hilfe eines Tetralemmas unterstützt werden. Das Refraiming, wenn möglich die Arbeit mit einem Reflecting Team und Interventionen verschiedenster Art spielen eine wichtige Rolle in der systemischen Arbeit. Es gibt die Arbeit mit Skulpturen und die Technik der Externalisierung. Hinter all diesen schwierigen Begriffen verbergen sich Möglichkeiten, einen Umgang mit schwierigen Situationen für sich zu finden und Lösungen herbeizuführen. Welche Methoden und Techniken der Therapeut einsetzt und wie er dies gestaltet, hängt von der jeweiligen Fragestellung des Klienten, aber auch vom Erfahrungsspektrum  und „Typ“ des jeweiligen Therapeuten ab. Dem Klienten selber wird, wenn er sich für eine systemische Beratung oder Therapie entscheidet, vielleicht dessen Neugier, die vielen Fragen und das manchmal ungewöhnliche Herangehen auffallen.

Ein paar Grundsätze der systemischen Therapie:

Der Fachmann bzw. die Fachfrau für einen selber ist und bleibt der Klient, die Therapeutin ist eher Geburtshelferin bei der Findung einer Lösung oder eines neuen Wegs.
Die Therapeutin hat eine neutrale und neugierige Grundeinstellung.
Sie wertschätzt den Klienten, das System, aus dem er kommt und in dem er sich befindet. Sie anerkennt die bisherigen Lösungsversuche und hilft dabei, dass der Klient neue Ideen entwickeln kann und/oder eine andere Haltung dazu finden kann.
Die Therapeutin ist lösungsfokussiert.
Und weil das so ist, kann es sein, dass die Therapeutin viele ungewöhnliche Fragen stellt, die das „um die Ecke denken“ anregen und Hilfe zur Selbsthilfe ermöglichen.
Das heißt: man bezahlt eine Therapeutin, damit diese einem auf die Sprünge hilft. Die Verantwortung für die Höhe und Weite der Sprünge liegen aber stets beim Klienten selber.

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